Überall Zweifel –
Der Kampf gegen die eigenen Unsicherheiten

Überall Zweifel –
Der Kampf gegen die eigenen Unsicherheiten

Überall Zweifel –
Der Kampf gegen die eigenen Unsicherheiten

Der Zweifel ist mein ständiger Begleiter, doch ich möchte ihn zukünftig mit Stolz nach außen tragen.

Alle schauen mich an. 30 Schüler sitzen in der Klasse, das macht 60 gespannte, starrende Augen. Der Kern des Interesses bin wohl ich. Ganz offensichtlich. Immerhin stehe ich vor ihnen. Ich soll irgendwas über tropische Pflanzenarten faseln. Eigentlich bin ich gut vorbereitet, aber ich zittere, stammle, komme mir dumm vor. Bin unsicher! So ein Scheiß, wieso nur?

Wer hat das Halten von Referaten nicht gehasst? Wen es in den Fingern kitzelt, weil er das Aufzeigen nicht erwarten kann, der hat sie doch nicht alle. „Ich! Ich mochte das immer ganz gerne.“ Ehrlich? Hust – Unmensch – hust. Nein, das ist nur ein Spaß. Das ist etwas ganz Besonderes. Denn ganz viele sind ganz unsicher. Und das obwohl sie es gar nicht sein müssten. Leider zieht sich dieses Phänomen durch zahlreiche Bereiche des Lebens. Auch ich habe den Virus des Zweifels. Diagnose: sehr weit fortgeschritten.

Alleine jetzt, während ich diese Zeilen schreibe, frage ich mich ununterbrochen, ob das überhaupt jemand lesen mag. Hat das Geschwafle einen Sinn?

Sind Zweifel weiblich?

Mein Papi hat mir von klein auf mitgegeben, anderen zeigen zu sollen, was ich kann. Und das soll laut ihm Einiges sein. Am besten solle ich noch übertreiben, wie es die Burschen immer machen, dann gelange ich wohl irgendwann bei der Wahrheit an.

Ist Selbstsicherheit ein männliches Phänomen? Ohne die Herren der Schöpfung verallgemeinern zu wollen, wirken viele Männer selbstbewusster als Frauen. Sie sprechen eher über Errungenschaften oder machen Leistungen zum Thema. Frauen hingegen, insofern ich es beobachten konnte, nehmen sich oft zurück, hinterfragen sich selbst und attribuieren Erreichtes auf externe Umstände. Wieso ist das so? Und ist das überhaupt so? Hier werden auf alle Fälle noch Nachforschungen angestellt.

Wäre ich auf einer einsamen Insel schlank und geschminkt?

Ich bin auf alle Fälle auch so ein nach Dauerbestätigung suchender Mensch. Der Zweifel ist mein ständiger Begleiter. An der Leine führt er mich durchs Leben. Einen Hund brauche ich wohl eine Weile nicht. Dieser ist jedoch nicht nur auf meine Fähigkeiten bezogen, auch Äußerlichkeiten und das Wirken auf andere machen mir zu schaffen. Jeden Tag schminke ich mich. Für wen möchte ich hübsch sein? Wenn ich ehrlich bin, nicht vorrangig für mich selbst. Eine schlanke Figur habe ich ganz bestimmt auch nicht nur für mich.

Wenn ich ein Leben auf einer einsamen Insel verbrächte, auf der ich jedoch Make-Up, die schönsten Kleider und Unmengen an Essen zu Verfügung hätte, hätte ich wahrscheinlich eine Jogginghose an, einen Messy Dutt am Kopf, Futter in beiden Händen und garantiert kein Schminkzeug im Gesicht. Doch in der Welt, in der ich lebe, möchte ich gefallen und habe permanent das Gefühl, es nicht zu tun.

À propos Gefühle: über die rede ich ja grundsätzlich sehr ungern. Viel zu groß ist die Angst, nicht zurückgemocht zu werden. Bei Komplimenten werde ich rot und nackt bin ich nicht so gerne, wie es vielleicht andere sind.

Der Zweifel als Chance

Sind wir unsicher, weil das Leben an sich unsicher ist. Wo kommen wir her, wo gehen wir hin, was wird morgen sein? Ist der Zweifel etwas Natürliches, etwas, das zum Leben gehört? Er ist auf jeden Fall nicht nur schlecht. Unsicherheiten bringen immerhin viele Chancen, denn sie sind wichtige Erkenntnisquellen. Nicht umsonst beschäftigen wir uns in der Forschung mit Problemen, ungelösten Fragen und zweifelhaften Antworten. Sie müssen nur auf den Tisch gelegt und man sich derer bewusst werden.

Ich bin eine offene Zweiflerin. Und du?

Und das sollte auch auf das Privatleben ausgerollt werden. Wichtig ist nicht Selbstsicherheit zu zeigen, wo keine ist, oder sogar zu schauspielern, viel eher solle das offene Gespräch gesucht werden. Man die eigenen Schwächen und Ängste offenlegen – nicht nur beiläufig, sondern ganz bewusst. Ich möchte das in Zukunft machen. Mich trauen, meine Verletzlichkeit zu zeigen, denn vielleicht macht mich das ja stärker.

Das ist wichtig. Das bezweifle ich keine Sekunde. Da bin ich mir ausnahmsweise einmal sicher.

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1 Comment

  • 6 Jahren ago

    Schön, dass jemand mal die Zweifel anspricht, sonst finden sich ja gehäufte Beiträge über wie man nicht zu sein hat, wie leicht es doch ist glücklich und selbstsicher zu sein. Ganz so einfach ist es dann eben doch nicht und dennoch sagt mein Herz der erste Schritt ist das Aussprechen der Tatsachen :)) Und den Unterschied zwischen Mann und Frau hab ich bis gerade eben noch gar nicht so wahrgenommen. Ich bin mir ehrlich gesagt aber nicht so sicher ob die Herren der Schöpfung in diesem Punkt nicht einfach nur bessere Schauspieler sind 😉 LG Julia